Sehr geehrte Damen und Herren, lieber Bgm. Michael Brosch,
eines gleich vorweg: vielen Dank an meine Kollegin Annette Schulte, die für das neue Erscheinungsbild des HHPlanes verantwortlich ist. Ich finde es sehr gelungen und hoffe, Sie können sich alle recht schnell darauf einstellen. Einige Dinge sind natürlich dem 2. NKFWG geschuldet: so sind z.B. die HH-Querschnitte, die mit dem Umstieg von kameraler auf kaufmännische Buchführung eigentlich abgeschafft werden sollten, jetzt wieder da?.
Vor einem Jahr an dieser Stelle sprach ich schon vom Fluch der guten Tat: aufgrund unserer guten Steuerkraft in der Vorperiode sollten für 2019 die Schlüsselzuweisungen rd. 820.000 ¤ niedriger und die beiden Kreisumlagen um rd. 486.000 ¤ höher ausfallen. Dies allein waren bereits damals rd. 1,3 Mio. ¤ Vorbelastungen, die es zu kompensieren galt.
Und nun grüßt das Murmeltier: für 2020 sollen sich die Schlüsselzuweisungen mehr als halbieren, konkret rd. 818.000 ¤ niedriger und die beiden Kreisumlagen insgesamt um rd. 1.113.000 ¤ höher ausfallen. Dies allein sind bereits rd. 1,93 Mio. ¤ Vorbelastungen, die wir diesmal - zumindest bis zur Einbringung des Haushaltes- nicht kompensieren konnten.
Auch wenn die Gewerbesteuer in 2019 möglicherweise zum dritten Mal in der Geschichte der Stadt Halver (nach 2012 und 2018) einen 8-stelligen ¤-Betrag ergeben wird, dürfen wir einen Umstand nicht ausblenden: immer noch haben wir in NRW eine aus meiner Sicht kontraproduktive und leistungsfeindliche Ausgestaltung des GFG: von zusätzlichen Gewerbesteuern bleiben -nach Anwendung aller Umverteilungsmechanismen der nächsten 18 Monate- weniger als 10 % bei der Stadt. Es macht also überhaupt keinen Sinn, die Einnahmeerwartung bei den Steuern weiter herauf zu setzen; die Sanierung eines Haushaltes kann (wenn es denn nachhaltig sein soll) nur über andere Erträge sowie über die Aufwandsseite erfolgen.
Die Schwankungsbreite der GewSt. seit 2019 war beachtlich: von 4,3 bis 11,1 Mio. ¤. Bei einem Durchschnittswert von rd. 7,7 Mio. ¤ in diesem 10-Jahres-Zeitraum war es m.E. gerade noch verantwortbar, den Ansatz für 2020 geringfügig auf 8,6 Mio. ¤ zu erhöhen. Wir stehen schließlich kurz vor einer Rezession in Deutschland: sobald die Zahlen für das 3. Quartal veröffentlicht sind, ist dies dann auch offiziell. Mit diesen Vorbedingungen konnte es -anders als 2019- nicht gelingen, bereits heute einen Haushalt mit dem notwendigen Überschuss vorzulegen; dies bleibt dann die vordringliche Aufgabe für die nächsten 9 Wochen: unsere gemeinsame Phantasie ist gefragt, um das Ziel zu erreichen. Sollte es nicht gelingen, wären die allermeisten Investitionen nicht mehr zulässig, da wir uns dann in der sog. ganzjährigen vorläufigen HH-Führung befinden würden,
Stichwort Investitionen: ich möchte an dieser Stelle kurz die größeren Maßnahmen für 2020 erwähnen:
Außerordentlich bemerkenswert ist die Höhe der Investitionen für 2020: rd. 15,6 Mio. ¤, dies sind fast 1.000 ¤ pro Einwohner. Ein Wert, den nur wenige Kommunen erreichen oder überschreiten. Dies zeigt, dass wir auch unter den Regeln des Stärkungspaktes den Umbau unserer Stadt weiter erfolgreich gestalten können. Allerdings (wie gesagt): nur möglich bei Einhaltung der Schwarzen Null. Bei all diesen Projekten muss aber weiter strikt darauf geachtet werden, dass sie einer Prüfung standhalten mit Blick auf:
Denn keines der Projekte darf die kommenden Generationen (die ja nun einmal zahlenmäßig kleiner sind als ihre Vorgänger) überfordern. Kinder und Enkel sollen möglichst selbst entscheiden können, ob und wie viel sie für Schulen, Kitas, Straßen und den Umbau der Energiewirtschaft aufwenden wollen.
Eines der Projekte, dass den v.g. Anforderungen auf jeden Fall entspricht, ist das Wohngebiet Schmittenkamp. Hier schaffen Sie nun gleich mit dem Entwurfsbeschluss eine wichtige Voraussetzung, dass wir unseren ehrgeizigen Zeitplan einhalten können.
Das eingeschlagene Tempo sollten wir beibehalten, damit wir den Nachfragern permanent Flächen anbieten können und den Ruf als Wohnstandort für junge Familien nicht verlieren.
Das Verfahren nach § 13 b BauGB hatte ich Ihnen letztes Jahr vorgeschlagen, weil das vom Bund eingeführte Baukindergeld nur bis Ende 2020 gelten soll. Nach knapp einem Jahr liegen jetzt ganz aktuelle Zahlen vor:
Rund 135.000 Familien in ganz Deutschland haben eine Förderung von rd. 2,8 Mrd. ¤ erhalten. Für die gesamte Laufzeit stehen 9,9 Mrd. ¤ für das Baukindergeld zur Verfügung.
Entgegen der Unkenrufe einiger sog. Experten, dass es vor allem Mitnahmeeffekte geben würde, kann nun festgestellt werden: das Ziel, insbesondere junge Familien mit kleineren und mittleren Einkommen mit dem Baukindergeld zu unterstützen, wird bisher erreicht:
Die meisten Anträge kamen mit rd. 29.700 aus NRW. Lassen Sie uns daran arbeiten, dass im nächsten Jahr viele aus Halver hinzukommen.
Einen zweiten neuen Weg, mit dem der Wohnungsnot in Deutschland begegnet werden soll, hatte ich letzte Woche bereits im Planungsausschuss erwähnt: der Bundesrat hat vor der Sommerpause endlich dem Gesetzentwurf des Bundestages aus November 2018 zugestimmt: seit August 2019 gibt es die Möglichkeit von Sonderabschreibungen für Vermieter: statt 2 % jährlich können jetzt in den ersten 4 Jahren jeweils 7 % angesetzt werden. Dies könnte eine geeignete Maßnahme sein, den im lfd. Jahr stark durch unsägliche Diskussionen (Enteignungen etc.) eingebrochenen Mietwohnungsbau wieder auf die Beine zu helfen.
Für den Ablauf der Vermarktung möchte ich folgende Vorgehensweise vorschlagen: bei den Baufeldern 1 - 27 könnten z.B. die Kinderzahl und der Wohnort (Halver) den Ausschlag geben. Hier bietet sich auch der Kinder-Rabatt an. Bei den Baufeldern 28 + 29 (maximal 6 WE) könnte derjenige den Zuschlag bekommen, der sich zu der höchsten Zahl der WE verpflichtet. Ich freue mich auf die Diskussionen in den Fraktionen sowie in den Ausschüssen. Wie immer biete ich gerne an, Sie alle zu besuchen.
Aber wir müssen auch bei den lfd. Rahmenbedingungen daran arbeiten, dass der Standort attraktiv bleibt:
Der Abbau der Verschuldung sollte weiter angestrebt werden (auch wenn es 2020 zumindest bei den investiven Darlehen angesichts der vielen anstehenden Projekte schwierig werden könnte); es bleibt mein Ziel, bis 2025 auf unter 30 Mio. ¤ zu kommen, damit auch künftigen Generationen noch Handlungsspielräume verbleiben.
Letztendlich wird eine Zielerreichung ohne Baulandentwicklung nicht möglich sein, wie z.B. der soeben beschlossene Jahresabschluss 2017 oder auch dieser Entwurf belegt.
Lassen Sie uns nun einen Blick auf die Folien werfen: Das Diagramm "Erträge" (Folie 4) verdeutlicht, dass wir weiterhin die starke Abhängigkeit von den Steuereinnahmen reduzieren wollen: nach zuletzt zwischen 48 und 59 % beträgt ihr Anteil an allen Erträgen allerdings jetzt wieder in 2020 fast 59 %. Dies ist insbesondere auf die positive Entwicklung beim Einkommensteuer-Anteil zurückzuführen. Hier partizipieren wir weiterhin von der sog. kalten Progression, die bislang noch nicht abgeschafft worden ist.
Die Ansätze bei der Gewerbesteuer (Folie 5) haben wir im Vergleich zum Vorjahr erneut leicht erhöht; wir rechnen für 2020 jetzt mit 8,6 Mio. ¤ nach zuvor noch 7,5 Mio. ¤ in 2017und 8,0 Mio. ¤ in 2018 und 8,5 Mio. ¤ in 2019. Hier kommt uns die Verbreiterung der Bemessungsgrundlagen, gerade auch durch Neubaugebiete zugute. Das im HGB und auch im NKF verankerte Vorsichtsprinzip gebietet es, dass wir uns bei künftigen Einnahme-Erwartungen möglichst an Durchschnittswerten und nicht an ggf. temporär höheren aktuellen Werten orientieren.
Beim Einkommensteuer-Anteil (Folie 6) haben wir auf der Basis der Orientierungsdaten Änderungen zum Vorjahr eingeplant.
Zum Umsatzsteuer-Anteil (Folie 7): hier wirken sich die seit 2013 massiv von den Kommunen geforderten Entlastungen i.H.v. 5 Mrd. ¤ dauerhaft aus: die genaue Aufteilung auf die Verbesserung bei der USt. sowie die Entlastung der Kreise und kreisfreien Städte bei den KdU (Kosten der Unterkunft für SGB-II-Bezieher) hatte ich vorletztes Jahr bereits dargestellt.
Beim Thema Schlüsselzuweisungen (Folie 8) möchte ich auf meine Erläuterungen zum GFG 2019 verweisen:
Der nur in 2019 leicht gesenkte Soziallastenansatz ist weiterhin völlig überbetont und führt zu einer Übernivellierung zugunsten größerer Städte.
Das im Vorjahr erwähnte Sofia-Gutachten sollte in 2019 (zu 50 %) und 2020 (zu 100 %) umgesetzt werden. Dieser zweite Schritt bleibt nun erstmal aus und ist (ebenso wie die weiter bestehende Einwohner-Veredelung) ein echtes Ärgernis für ländlich strukturierte Kommunen.
Uneingeschränkt positiv zu bewerten ist der Umstand, dass die 2019 (erstmals seit den 80er Jahren) wieder-eingeführte Aufwands- und Sanierungspauschale überproportional erhöht wird (von 120 auf 130 Mio. ¤). Da die Verteilung hier -anders als bei den Schl.-zuweisungen- zu 50 % nach EW und zu 50 % nach Fläche erfolgt, kommt eine Flächengemeinde wie Halver hier besonders gut weg: rd. 205.000 ¤ als Ertragsposition.
Die Forderung des StGB NRW nach gestaffelten Hebesätzen ist nach wie vor richtig: während das tatsächliche Ausgabeverhalten als Begründung für die EW-Veredelung angeführt wird, spielen auf der Einnahmeseite die tatsächlichen Steuer-Einnahmen keine Rolle, sondern die fiktiven. Wenn der Gesetzgeber unbedingt weiter an den fiktiven Hebesätzen festhalten möchte, sollte er zumindest nach Größenklassen gestaffelte Sätze einführen, um nicht kleineren Städte in der HH-Sicherung Steuererhöhungen abzufordern (vgl. Folie 2 !!).
Nun zu den Aufwendungen (Folie 9): Wie oben bereits erwähnt, werden die absoluten Beträge der beiden KU im Planvergleich 2019/2020 um rd. 1.113.000 ¤ steigen. Der Hebesatz der allg. KU soll von 41,49 % auf 41,13 % gesenkt werden (wie im Eckdatenpapier des Kreises vorgestellt); Hauptproblem ist aber diesmal die drastische Steigerung der diff. KU von 17,47 % auf 19,68 %. Die absolute Steigerung nur hier beträgt rd. 733.000 ¤ binnen eines Jahres!!
Dies liegt nicht nur in der deutlich höheren Steuerkraft der Stadt Halver (die zusammen mit den Schlüsselzuweisungen die Umlagegrundlagen bilden), sondern auch an dem nach wie vor deutlich expansiveren Ausgabeverhalten von Umlage-verbänden. Als wichtigste Gründe für die Erhöhung der diff. KU hat der Märkische Kreis den Ausbau der Kinderbetreuung sowie die wirtschaftlichen Hilfen benannt. Dies gilt es bei den jeweiligen Besprechungen der HVB sowie der Kämmerer zu erörtern und zu hinterfragen. Im letzten Jahr konnte im Zuge der HHPlan-Beratungen zumindest noch eine Hebesatzreduzierung von 0,45 %-Punkten erreicht werden (insgesamt). Der Landes-Gesetzgeber hat nun endlich dafür gesorgt, dass die Städte ihren Standpunkt auch unmittelbar vor den Kreis-Gremien darlegen dürfen: dies soll in der Sitzung des Kreisausschusses am 12.12. erfolgen.
Auffallend ist, dass 2018 bereits jeder 8. Hartz-IV-Empfänger (12,6 %) dem Themenkreis "Asyl/Flucht" zuzurechnen ist. Der StGB NRW erwartet hier auch keine schnelle Besserung, da die betreffenden Personen idR in den Niedriglohn-Sektor wechseln und als Aufstocker dem Regelwerk des SGB II erhalten bleiben.
Positiv zu erwähnen ist aber, dass Landrat und Kreiskämmerer weiter im Westfalen-Parlament den Finger in die Wunde legen und mit Ihrem Benchmarking-Ansatz beim LWL Reaktionen ausgelöst haben und auch künftig auslösen werden. Bezeichnend insbesondere, dass der LWL-Haushalt 2018 erneut um rd. 83,7 Mio. ¤ besser als geplant abgeschlossen hat.
Es kann nicht sein, dass Umlageverbände das Rücklagen-Polster stärken, während auch 2020 etliche Städte gerade in Westfalen immer noch mit Defiziten zu kämpfen haben.
Die Personalkosten-Quote steigt auf nunmehr rd. 14 % (Folie 10). Hier werden wir auch künftig weiter darauf achten, dass wir mit guten Rahmenbedingungen als Arbeitgeber attraktiv bleiben.
Nochmal das Murmeltier: wie schon letztes Jahr erwähnt, ist der (Landes-) Gesetzgeber gefordert: die Evaluation der Flüchtlingskosten ist seit einem Jahr abgeschlossen. Die tatsächlichen Ist-Kosten liegen bei rd. 12.900 ¤ pro Jahr und Flüchtling und nicht, wie im Gesetz vorgesehen, bei rd. 10.400 ¤. Hier muss es die versprochene rückwirkende Anpassung zum 01.01.2018 geben.
Die Kommunen sind 2018 und 2019 mit insgesamt 300 Mio. ¤ in Vorleistung gegangen und jeden Monat kommen 13 Mio. ¤ hinzu.
Zweitens: bislang zahlt NRW den Unterhalt für geduldete oder ausreisepflichtige Personen nur für 3 Monate nach rechtskräftiger Ablehnung; danach werden die Kommunen mit den Kosten allein gelassen. Dies sind immerhin 70.000 Personen allein in NRW (bundesweit inzwischen 236.000), die zum Teil noch Monate oder Jahre im Land bleiben. Die Forderung des StGB, dass das Land diese Kosten bis zur tatsächlichen Rückführung übernehmen muss, ist ausdrücklich zu begrüßen. Allein 2018 hatten die NRW-Kommunen hierfür 645 Mio. ¤ zu tragen.
Auch vom Bund droht weiteres Ungemach: Bundesfinanzminister Scholz hat Hand an die Integrationspauschale gelegt: In NRW werden statt 430 Mio. ¤ in 2019 nur noch ca. 140 Mio. ¤ in 2020 ankommen (zwei Drittel weniger)!!! So kann eine erfolgreiche Integration vor Ort nicht gelingen.
Erlauben Sie mir zum Schluss einige Worte zu den KAG-Beiträgen: da es sich bisher um eine der tragenden Säulen der Gemeindefinanzierung handelte (schließlich stehen Beiträge in der Reihenfolge der Einnahmen vor den Steuern, vgl. § 77 GO NRW), gehe ich davon aus, dass die vorgeschlagene Resolution in den Ausschüssen bzw. Arbeitskreisen erörtert wird. Für die vorgeschlagene bayerische Lösung habe ich grundsätzliche Sympathie; allerdings halte ich die erwähnten 127 Mio. ¤ zugunsten der NRW-Kommunen für bei weitem nicht ausreichend als Kompensation des Landes. Gutachten und Schätzungen haben z.B. ergeben:
Auch muss man sich über die Konsequenzen im Klaren sein: da auch das Land nicht über derartige Mittel verfügt (s.o.), werden letzten Endes alle Steuerzahler für die investiven Maßnahmen gerade stehen müssen. Z.B. sind die Beiträge am Oesterberg nicht über die Nebenkosten-Abrechnung auf Mieter abwälzbar; auch eine Mieterhöhung lässt sich hierdurch nicht rechtfertigen. Eine Abschaffung der Beiträge würde also indirekt (erstmals) auch die Mieter in die Refinanzierung der investiven Straßenbaumaßnahmen einbeziehen.
Auch ist fraglich, welcher Anteil der Kompensation auf eine ländliche Kommune wie Halver entfallen würde: nach den Erfahrungen der letzten Jahre kämen z.B. (je nach Neigung der jeweiligen Landesregierung) folgende Varianten in Betracht (unterstellt sind jeweils die -nicht ausreichenden- 127 Mio. ¤):
Ich hoffe, ich konnte hier einige Denkansätze für die weitere Erörterung des Themas geben.
Ich wünsche Ihnen und uns allen angenehme und erfolgreiche HHPlan-Beratungen und bedanke mich bei meinen Kollegen (insbes. bei Annette Schulte und Detlef Hager) für ihre Unterstützung. Wir werden Ihnen alle Daten auch digital einstellen, so dass wir uns über eine weitere Zunahme der papierlosen Nutzung sehr freuen würden.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Markus Tempelmann